Beinwell (echter Beinwell, Arzneibeinwell) (lat. Symphytum officinale) hat sich einen Namen als Knochenheiler gemacht. Die Wortzusammensetzung "Bein" und "well" lässt uns bereits einige Schlüsse ziehen. Das Wort "Bein" steht für die Beine, Gebeine oder Knochen. Das Wort "well" könnte man einerseits aus dem Englischen übersetzen, was soviel bedeute wie "gut" oder "heil". Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das alte Wort "wallen" gemeint ist, was soviel bedeutet wie "zusammenwachsen" oder "zusammenfügen". In manchen Gegenden ist der Beinwell auch als Wallwurz oder Heilwurz bekannt.
Hildegard von Bingen setzte Beinwell lediglich als Wundheilmittel ein, während schon die Druiden und keltischen Heiler die Pflanze auch bei Tumoren verwendeten. Besonders der Inhaltsstoff Allantoin soll einer der wichtigsten Inhaltsstoffe der Pflanze sein. Laut des britischen Mediziners C. J. Macalister befindet sich der höchste Allantoin-Gehalt in den Wurzeln die von Januar bis März geerntet wurden. Im Laufe des Jahres soll der Gehalt an Allantoin in der Wurzel abnehmen, sodass es in der ausgewachsenen Pflanze überhaupt nicht mehr nachweisbar war, dafür aber in den endständigen Knospen, Blüten und jungen Schösslingen. Daran lässt sich auch erklären, warum Wurzeldrogen in Herbst und Winter gestochen werden.
Leider wurden bei chemischen Analysen des Beinwells das möglicherweise lebertoxische und krebserregende Pyrrolizidin festgestellt, weshalb es zu Einschränkungen bei der Verwendung kommt. Diese betreffen aber nur noch die eigene Verwendung der tollen Heilpflanze, denn mittlerweile sind für die medizinische Verwendung pyrrolizidinfreie Züchtungen im Gebrauch, weshalb es bei Produkten aus der Apotheke in der Regel zu keinen Einschränkungen mehr kommt.
Besonders schön ist Beinwell für das Auge, denn die Pflanze kann eine beeindruckende Größe erreichen und macht mit ihren vielen Blüten zahlreichen Insekten eine große Freude.
Inhalt
1. Exkurs - Geschichte zum Beinwell als Heilmittel
2. Signatur der Pflanze
3. Pflanzenportrait: Beinwell
3.1 Beinwell erkennen
3.2 Beinwell verwechseln
4. Inhaltsstoffe Beinwell
4.1 Inhaltsstoffe
4.2 Alternativen für innere Verwendung
5. Beinwellwurzel - Richtiges Ernten
5.1 Wurzeln richtig graben
5.2 Wurzeln reinigen
6. Beinwell - Verwendung, Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen und Kontraindikationen
6.1 Beinwell in der Hausapotheke
6.2 Beinwell in der Kosmetik
6.3 Beinwell in der Küche
6.4. Nebenwirkungen von Beinwell
6.5. Kontraindikationen von Beinwell
7. Beinwell in der Kommission E
Beinwell in der Hausapotheke
1. Exkurs - Geschichte zum Beinwell als Heilmittel
Sein Beiname „officinalis“ weist auf eine wichtige Heilpflanze hin, weil er schon zu früheren Zeiten im Werkraum der alten Apotheken, dem Officin verarbeitet und im amtlichen Arzneiverzeichnis aufgeführt wurde. „Symphyein“ bedeutet im Griechischen Zusammenwachsen.
Der echte Beinwell gehört zu den Heilpflanzen, die schon seit rund 2000 Jahren als Heilmittel anerkannt sind und verwendet werden. Das wichtigste und einflussreichste antike Werk Materia medica über Arzneimittel von dem griechischen Arzt Dioskurides trägt wohl zur kontinuierlichen Bedeutung des Beinwells bei und hat die Phytotherapie der letzten 2000 Jahre entscheidend geprägt.
2. Signatur der Pflanze
Beim Beinwell handelt es sich um eine saftreiche Pflanze, die feuchte Standorte bevorzugt. Diese Eigenschaften entsprechen dem Mondprinzip. Doch bei genauem Hinsehen finden wir noch weitere planetarische Zuordnungen. Er trägt auch Zeichen des Saturn, der für zusammenfügenden, festhaltenden u. verhärtenden Kräften steht. Saturngeprägte Pflanzen richten Blüten nicht zum Licht, sondern nach unten hin zum Boden.
Nicolas Culpeper schrieb im 17. Jhd. über den Charakter des Beinwells:
„Dies ist eine Pflanze des Saturn, ich nehme an, sie steht unter dem Zeichen des Steinbocks, kalt, trocken u. erdig in ihrer Qualität“. Viele deuten die Saturn-Eigenschaften als vorrangig negativ. Doch Saturn steht auch für das Licht im Dunkel, für Ausdauer und Durchhaltevermögen. Saturn zeigt uns die Erstarrung, wenn Prozesse nicht im Fluss sind.
3. Pflanzenportrait Beinwell
3.1 Beinwell erkennen:
Der mehrjährige Beinwell gehört zur Familie der Boraginaceae, Borretsch- oder Raublattgewächse und kommt in Europa, gemäßigten Gebieten Asiens und den USA vor. Er ist ein Nährstoffanzeiger. Die Staude erreicht eine Höhe von 50-60 cm, kann in seltenen Fällen aber bis 150 cm groß werden. Alle Teile des Beinwells sind behaart und fühlen sich rauh an.
Blüten: Die 1-2 cm langen, rötlich-violetten, purpurroten, blauen oder gelblich-weißen Blüten hängen von Mai bis Juni an einer glockigen Blumenkrone, wobei der Griffel herausschaut.
Blätter: Die langgestielten, lanzettenähnlichen Blätter sind am Stiel eher breiter, wobei die Grundblätter am größten sind. Sie können eine Länge von über 30 cm erreichen. Ihre Struktur ist sehr rauh und fest. Auffällig ist die feste Verbindung zum Stängel durch sog. "Flügel"; ein weiterer Hinweis aus der Signaturenlehre für Festigkeit und Struktur.
Stängel: Der ästige, kantige Stängel ist behaart und am Rand geflügelt
Wurzel: Die fleischige, spindelförmige, verästelte Pfahlwurzel ist außen schwarz und innen weiß. Dabei ist besonders, dass sie sehr schleimhaltig ist. Getrocknet ist die Wurzel eher hornartig und kann auch pulverisiert werden.
3.2 Beinwell verwechseln:
Besondere Verwechslungsgefahr besteht mit den Blättern des tödlich giftigen Fingerhut. Diese unterscheiden sich nur am Blattrand von denen des Beinwells.
4. Inhaltsstoffe Beinwell
Allantoin (der Allantoin-Gehalt soll von Januar bis März am höchsten sein)
Schleimstoffe
Gerbstoffe
Triterpensaponine
Pyrrolizidinalkaloide (lebertoxisch, kanzerogen, mutagen)
5. Beinwellwurzel richtiges Ernten
Die Wurzeln werden am besten von November bis Februar, an frostfreien Tagen ausgestochen.
Die Blätter können ganzjährig geerntet werden.
Für die Ernte der Wurzel solltest du vor allem die größeren Exemplare in Betracht ziehen. Lockere mit einem Spaten vorsichtig rund um die Pflanze die Erde auf, so dass du den Wurzelstock etwas anheben kannst. Für eine Beinwellsalbe zum Hausgebrauch reicht ein Stück von der Wurzel völlig aus. Den Rest der Pflanze sofort wieder schön einpflanzen - und vergiss nicht, dich bei der Pflanze zu bedanken 😊. Sie wächst ungehindert weiter und schenkt dir in der nächsten Saison wieder ihre Schätze.
Die frische Wurzel ist sehr schleimig, sie enthält viel Feuchtigkeit. Für einen Ölauszug (Salbengrundlage) ist ratsam, die Wurzel nach der Reinigung noch etwa 1 - 2 Tage trocknen zu lassen, damit dein Öl nicht schimmelt. Ich rate dir zu einen warmen Ölauszug, auch wegen der Schimmelgefahr. Mit völlig getrockneten Wurzelstücken kannst du selbstverständlich auch einen kalten Ölauszug machen und diesen etwa 4 - 6 Wochen ziehen lassen.
6. Beinwell - Verwendung, Anwendung, Wirkung, Nebenwirkung und Kontraindikationen
Zur Verwendung kommen die Wurzeln und Blätter. Vor allem die Wurzeln des Beinwells sind ein unverzichtbarer Helfer in der Hausapotheke
Heilkunde:
Die Anwendungen dürfen nur auf intakter Haut erfolgen.
Äußerliche Anwendungen bei
Prellungen
Quetschungen
Verstauchungen
Zerrungen
zusammenfassend: alle stumpfen Verletzungen
Gicht
Rheuma
Beinwellblätter und Wurzel gut zerkleinern, dann ca. 1 EL mit 250ml warmem Wasser übergießen und 30 Minuten ziehen lassen. Diese Abkochung kann für Umschläge oder als Badezusatz verwenden.
Ölauszug der Wurzeln weiterverarbeiten zur Salbe.
Wenn keine Wurzeln zur Verfügung stehen, kann Abkochung auch nur mit Blättern gemacht werden. Dabei ist das Verhältnis Blätter und Wasser 1:10.
Kulinarik
Beinwellrouladen
Zutaten:
4 etwas größere, frische Beinwellblätter
1-2 große Zwiebeln
200g geschroteter Grünkern
2 Tassen Wasser
Brat-Olivenöl, sowie etwa 1 EL Olivenöl für Grünkernmasse
1 Ei
Salz, Pfeffer, (nach Belieben Curry, Paprika, Chili,..)
Senf
Frischer Majoran
Zubereitung:
Die Zwiebeln mit Öl glasig dünsten, den Grünkernschrot hinzufügen und kurz anbraten. Die 2 Tassen Wasser vorsichtig dazugeben und etwa 5 Minuten köcheln lassen. Olivenöl und Ei unterrühren und mit Salz, Pfeffer, den restlichen Kräutern, den Senf und den frisch gehackten Majoran abschmecken. Beinwellblätter vorsichtig waschen, trocknen und die Mittelrippe mit Nudelholz platt drücken. Dann die einzelnen Blätter mit der Grünkern-Masse dünn auftragen, aufrollen und mit einem Zahnstocher fixieren. Die Röllchen kurz in Öl wenden, sofort in eine Auflauf Form geben und bei 180 Grad ca. 10-20 Minuten im Backrohr garen. Die Rouladen können warm oder kalt verzehrt werden.
Kontraindikationen:
Geschädigte Haut, Lebererkrankungen
Schwangerschaft, Stillzeit und Kinder unter 2 Jahre
7. Beinwell in der Kommission E
Bezeichnung des Arzneimittels
Symphyti radix Beinwellwurzel
Bestandteile des Arzneimittels
Allantoin, Schleimstoffe, Kaffeesäure, Gerbstoffe,...
Pharmakologische Eigenschaften, Toxikologie
Analgetisch, antiphlogistisch und granulationsfördernd
Anwendungsgebiete
HMPC: äußerlich bei Verstauchungen und leichten Prellungen
ESCOP: nur äußerliche Anwendungen bei Schmerz und Schwellungen der Muskeln und Gelenke, ...
Kommission E: äußerlich bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen
Volksmedizinische Verwendung: Prellungen und Zerrungen, Symphytum-Präparate bei Rheuma, Bronchitis, Pleuritis und als Antidiarrhoikum
Dosierung
Je nach Präparat (Packungsbeilage beachten)
Art der Anwendung
Nur zur äußerlichen Anwendung
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Die in älteren Präparaten vorhandenen Pyrrolizidinalkaloide sind hepatotoxisch, mutagen und kanzerogen. Wegen der toxischen Gefahren wurde die Zulassung mit Auflagen verbunden. Mittlerweile ist die Züchtung pyrrolizidinfreier Pflanzen gelungen, so daß bei den auf dem Markt befindlichen Präparaten diese Problem nicht mehr besteht.
Gegenanzeigen
Präparate nicht auf geschädigter Haut (offene Wunden, Hautkrankheiten) anwenden
Im Bundesanzeiger veröffentlicht unter:
Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 27.7.1990., Heftnummer: 138., ATC-Code: D11AG.; Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
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